Die Alternative zu „Ganz oder gar nicht”
Der Geschäftsführer Leo Vogt des gleichnamigen Filialisten berichtet über seinen pragmatischen Ansatz zur Nutzung der Elektronischen Rechnung. Sein Erfahrungsbericht zeigt auf, wie er gezielt mit wenig Aufwand große, sehr konkret messbare Verbesserungen erzielte.
Dank altem Prinzip große Einsparungen durch die Einführung der Elektronischen Rechnung
Leo Vogt ist eigentlich kein Freund halber Sachen. Mit vollem Einsatz führen er und mittlerweile auch seine Töchter die Vogt Modemarketing GmbH mit Sitz in Bretten bei Karlsruhe: Unter den Namen Vogt Mode bzw. Schwesterherzen betreibt er sechs Fachgeschäfte für Damenmode.
Schon 2013 wollte Vogt seine Prozesse digitalisieren und das viele Papier vom Hals haben. Insbesondere in der Rechnungseingangsprüfung mit dem Abgleich zu Bestell- und Lieferdaten in seiner Futura-Warenwirtschaft und der papierlosen Archivierung sah er großes Verbesserungspotenzial.
Die Rechnungsdaten sollten am liebsten per EDI im Warenwirtschaftssystem ankommen und notfalls noch eingehende Papierrechnungen durch ersetzendes Einscannen wenigstens digital abgelegt werden. Doch ein Blick auf seine Lieferanten offenbarte, dass gerade mal ein Viertel EDI-fähig ist. Dafür sind die anderen, die sehr vielen kleinen Labels das Salz in der Suppe seines Sortiments: Sie produzieren schnell und flexibel hochmodische Teile. „Aber da kann ich froh sein, keine handgeschriebenen Lieferscheine zu erhalten. Schon Stammdaten per EDI sind utopisch, Rechnungen erst recht!”, benennt Leo Vogt den Nachteil dieser Geschäftsbeziehungen.
Erster Ansatz: Alles notfalls selbst digitalisieren
Sein ursprüngliches Vorhaben einer vollständigen Digitalisierung des Rechnungseingangs hätte somit bedeutet, die Rechnungen der meisten Lieferanten zu scannen und per OCR-Texterkennung digital nutzbar zu machen. Doch beim Thema Scannen wird Leo Vogt deutlich: „OCR ist eine vorab definierte Fehlerquelle.” Ermüdendes Prüfen und händische Korrekturen wären Teil der Arbeit, der Zeitaufwand für das Scannen wäre hoch. Der Preis für eine digitale Rechnungsverarbeitung oder auch nur digitale Archivierung wäre also ein fehleranfälliger neuer Prozess, der noch dazu neuen manuellen Arbeitsaufwand mit sich brächte.
Dabei zielte Vogt doch auf das Gegenteil ab: Ein intelligentes Verschlanken von Prozessen, um so viele Schritte wie möglich durchgängig und ohne manuelle Eingriffe machen zu können. Nur dann, ohne Medienbrüche, lassen sich Dinge dauerhaft verbessern, und das heißt auch: Geld sparen. Vogt dachte also um: Wenn eine 100%-Digitalisierung nur teilweise Einsparungen, aber an anderer Stelle höheren Aufwand bedeutete, wieso sich dann nicht nur auf die Einsparungen konzentrieren, ohne Voll-Digitalisierung?
Pareto lässt grüßen
Bei Vogt ist es wie bei vielen anderen auch: Mindestens die Hälfte seines Umsatzes macht er mit gerade mal einer Handvoll Marken seiner Lieferanten. Diese zumeist größeren Lieferanten sind alle EDI-fähig, und außerdem senden sie naturgemäß die meisten Rechnungen an Vogt.
Die EDI-Fähigkeit der Lieferanten führt außerdem dazu, dass Vogt per EDI-ORDERS oder EDI-SalesReports automatisiert auch Kleinstmengen bei ihnen nachbestellen kann und das auch nutzt. Dieses EDI-basierte Geschäftsmodell treibt die Anzahl der Rechnungen von den EDI-fähigen Lieferanten nochmals in die Höhe.
Das Pareto-Prinzip besagt, dass man mit 20% des Gesamtaufwands 80% des Gesamtergebnisses erreichen kann. Jedes Ergebnis-Prozent mehr kostet einen ungleich höheren Aufwand. Auf Leo Vogt übertragen heißt das: Über ein Viertel und damit ein beachtlicher Anteil aller Rechnungen entfällt auf einen kleinen Anteil von weniger als 10% der Lieferanten.
Vogt erkannte: Selbst wenn er nur für diese Handvoll Partner einen anderen, nämlich voll-automatisierten digitalen Rechnungsprozess nutzt, kann er mit sehr wenig Umstellungs-Aufwand schlagartig bei der Rechnungsbearbeitung ein Viertel der Zeit einsparen.
Als Nutzer einer Futura-Warenwirtschaft und des darin quasi eingebauten EDI-Konverters von Pranke hatte Leo Vogt den Vorteil, EDI-Rechnungsdaten ohne aufwändige Einrichtung empfangen zu können. Während der initialen Testphase bzw. dem späteren Anbinden weiterer Partner musste er im Wesentlichen organisatorische Fragen klären, wie z.B. die Nutzung der richtigen GLNs in den richtigen Feldern.
Elektronische Archivierung
Vogt startete mit nur einem Lieferanten, zunächst parallel zum alten Papier-Rechnungsprozess, um weiterhin die Papierrechnungen als Original abzuheften. Denn ab der ersten nur noch digital erhaltenen Rechnung muss jene als das Original aufbewahrt werden, und zwar ausschließlich elektronisch. Das Archivieren eines Papier-Ausdrucks, auch zum Beispiel der einer Standard-PDF-Rechnung, ist nicht zulässig und kann bei einer Prüfung zu Problemen führen.
Bei Leo Vogt ist dieses Rechnungsoriginal nun ein maschinenlesbarer EDI-Datensatz, der archiviert werden muss. Damit ein Prüfer dennoch darin lesen kann, muss dieses um eine Klartext-Version ergänzt werden und beides gemeinsam archiviert werden.
Hier leistete der Zusatzdienst für die „Elektronische Rechnung” seines EDI-Dienstleisters Pranke die entscheidende Arbeit, indem er jene lesbare Aufbereitung übernimmt: Aus den EDIFACT-Rechnungen werden quasi nebenbei langzeit-archivierbare PDF/A3-Dateien erzeugt. Diese zeigen ein menschenlesbares „Bild” der Rechnung und enthalten eingebettet das EDIFACT-Rechnungsoriginal sowie dessen Daten nochmals im ZUGFeRD-Datenmodell. Letzteres bewirkt, dass jedes moderne Archivsystem dieses „Rechnungspaket” einlesen und den enthaltenen Datensatz zur Verschlagwortung verwenden kann. Für die Konfiguration der Systeme fallen so keine nennenswerten Aufwände an.
Vogt entschied sich für die Archivsoftware „Agorum”, die von Dienstleister Hendrik Stütz implementiert wurde. Zusätzlich zur reinen Lizenz war nur die Komponente „Beleg-Erkennung” nötig, um die ZUGFeRD-Datensätze auslesen zu können. Die Kosten hierfür beliefen sich auf einen niedrigen vierstelligen Betrag.
Amortisierung nach 6 Monaten
Für Leo Vogt hat sich die Anschaffung der Archiv-Software nach kürzester Zeit gerechnet. Ganz pragmatisch betrachtet er den eingesparten Arbeitsaufwand: Für über 5000 Rechnungen der Top-3-Lieferanten pro Jahr müssen er oder seine Mitarbeiter keine Briefumschläge mehr öffnen, Daten zum Abgleich aus der Warenwirtschaft suchen, dann alles freigeben und abschließend in die Leitz-Ordner abheften.
Zwischen 20 und 30 Rechnungen täglich gehen nun digital statt analog ein. Neben dem Wegfall der Papier-Posteingangs-Bearbeitung heißt das: Rechnungsprüfung in der Warenwirtschaft, in der Regel sogar automatisch anhand von dort ja schon vorhandenen Bestell- und Lieferdaten, abschließend Export der Datensätze aus der Warenwirtschaft direkt in die Datev-Umgebung zur Zahlung. Nach Vogts Aussage ermittelt der automatische Rechnungsabgleich nur bei maximal 5% Abweichungen und somit Klärungsbedarf. Nur dann müssen er oder seine Mitarbeiter doch noch manuell prüfen und z.B. die Rechnung korrigiert neu anfordern. Eine Zahl übrigens, die sich mit den Erfahrungen anderer Nutzer deckt.
Leo Vogt veranschlagt sehr konservativ und eher beispielhaft einen Betrag von 1€ pro obigem Vorgang, den er nun elektronisch in Sekunden erledigen lassen kann: „5000 Euro gespart – dann läuft die Elektronische Rechnung auch trotz der Archiv-Anschaffung vom ersten Tag an im schwarzen Bereich.”
Bis jetzt sind es keine fünf Lieferanten, die ausschließlich elektronisch Rechnungen senden, aber im Einklang mit dem Pareto-Prinzip hat die Vogt Modemarketing GmbH seinen Aufwand beim Rechnungseingang um ein Viertel reduziert.
Und Leo Vogt wird eventuell doch ein Freund „halber Sachen”.
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